Jeder kennt Gemälde/Reproduktionen/Installationen von Pablo Picasso, Andy Warhol, Joseph Beuys, Vincent van Gogh oder Salvador Dali.
NANAS UND PAPAS: die Biografie der französischen Künstlerin Niki de Saint Phalle als animierter Comic. |
„Sehr jung erhielt ich die Botschaft, dass Männer Macht hatten. Und die wollte ich. Ich würde ihre Welt unbefugt betreten!“ |
Interview mit Autor/Zeichner/Herausgeber Willi Blöss
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FFF/Rainer: Die erste, unvermeidbare Frage – wie bist Du zum Zeichnen gekommen?
Willi: Ich habe immer schon Comics gelesen und auch gezeichnet, aber der Gedanke, dass auch beruflich zu machen kam mir erst nach meinem Architekturstudium in den 80ern.
FFF/Rainer: Wir haben uns ja über der C.I.A. (Comic Initiative Aachen) kennengelernt, und deren Fanzine „Outside“, das Du damals herausgegeben hast.
Willi: Ich hab´ zwar Mitstreiter gesucht und gefunden, aber wir stellten dann fest, dass wir eine Außenseitertruppe sind, ergo „Outside“.
FFF/Rainer (denkt): Puh, wem sagst Du das!
Willi: Also haben wir das notgedrungen als Hobby aufgezogen. Ich habe sehr viel Energie in „Outside“ gesteckt, aber es war in jedem Fall eine gute Lehrzeit. Weil man eben regelmäßig arbeiten und Termine einhalten musste, und nicht mehr einfach vor sich hingezeichnet hat.
Deshalb waren die 21 Ausgaben, unabhängig vom Geschäftsgedanken, ein Riesenerfolg, weil ich gemerkt habe: Du kannst das!
FFF/Rainer: Erzähl mal was über Deine Serie „Pastor Zipfel“ (Anmerkung: eine knollennasige, unrasierte Mischung aus Don Camillo und Peppone).
Willi: Du hast halt im „Outside“ diese realistische Action/Science Fiction Ecke beackert - da konnte wirklich keiner mithalten – und ich hab´ dann meinen eigenen Stil gefunden, in Richtung Cartoon, eben lustig/ironisch, schnell, locker und unverkrampft.
FFF/Rainer: Wie kamst Du denn schließlich dazu Comic-Biografien von Künstlern zu kreieren?
Willi: Ich hatte einen Lehrauftrag bei der FH Aachen und im Rahmen dieser Tätigkeit diverse Projekte publiziert.
Eines dieser Projekte war eine visualisierte Aachener Stadtchronik und ich hab´ gemerkt, dass es mir Spaß gemacht hat, mich mit vermeintlich trockenen, historischen Themen zu beschäftigen.
Die Kostüme, die Architektur, jedes Detail eine riesige, gedankliche und zeichnerische Herausforderung.
Mir wurde aber auch klar, dass es Abnehmer gibt, ich damit im Prinzip sofort auf den Markt gehen kann.
FFF/Rainer: Die erste Biografie hast Du also auf eigenes Risiko vorproduziert?
Willi: Nee, die Joseph Beuys Sache war tatsächlich ein Auftrag, allerdings an einen Kollegen, Bernd Jünger.
Der kam aber nach Monaten nicht weiter, wollte schon aufgeben und dann hab ich das übernommen.
Die Herausforderung war, ein Künstlerleben, von dem ein Beuys Biograf behauptete, dass man es nicht mal auf 600 Seiten gründlich erfassen könne, auf 24 Seiten im Pocketformat wiederzugeben.
Willi: Boah, schwierige Frage. Im Verständnis der Leute kann etwas eigentlich nur Kunst sein, wenn man ein Original in ein Museum stellen oder hängen kann. Textur und Material sind wichtig.
FFF/Rainer: Die Franzosen sehen das anders.
Willi: Ja, die sprechen von der „Neunten Kunst“.
Davon sind wir in Deutschland immer noch weit entfernt (lacht leicht sarkastisch).
FFF/Rainer: Wie ging es denn weiter nach dem Beuys-Comic?
Willi: Die positive Resonanz hat mich zunächst mal total überwältigt.
FFF/Rainer: Und dann irgendwann den eigenen Verlag gegründet.
Willi: Ja klar. Denn es war nicht immer einfach Leute davon zu überzeugen, dass man als Quereinsteiger und Autodidakt, bzw. ohne Studium der Kunsthistorik in diese heiligen Hallen eindringen und eine stimmige und überzeugende Arbeit abliefern kann.
FFF/Rainer: Die Recherche nimmt bestimmt einen großen Raum bei einem solchen Projekt ein.
Beim Arbeiten an dem Nikki de Saint Phalle Film fiel mir dazu auf, dass es überraschend wenig Bildreferenz-Material aus ihrem Leben im Internet zu finden gab.
Willi: Es ist in der Tat erstaunlich wie übersichtlich das persönliche Bildmaterial ist, selbst bei den ganz Großen.
FFF/Rainer: Hab mal gelesen, dass van Gogh sich gar nicht das ganze Ohr abgeschnitten hat.
Willi: Ja, genau, das war wohl nur ein Teil des Ohrläppchens. Diese Episode wird aber immer wieder neu aufgerollt, und teilweise maßlos aufgebauscht.
FFF/Rainer: Zumal die Lebensläufe der meisten Künstler ja schon ohne Übertreibung voll unglaublicher Spannung und Dramatik sind (denkt an Camille Claudel).
Willi: Ja, erstaunlich, oder?
Die haben es doch gar nicht nötig so viel an den Haaren herbei zu ziehen.
FFF/Rainer: Den Kampf um Aufmerksamkeit gab es wohl schon in Pre Social Media Zeiten.
Willi: Na ja, ich gehör nicht auf diese Stufe. Ich finde es aber spannend zu sehen, dass dieses Heldentum eigentlich erst nach dem Tod einsetzt.
Und wenn ich bei Kollegen sehe, wie schwierig es ist eine regelmäßig erscheinende Reihe herauszubringen, bin ich einfach nur glücklich ein Thema gefunden zu haben, das im Prinzip unerschöpflich ist.
FFF/Rainer: Willi, ich danke Dir für das Gespräch.